Vielfalt und Inklusion - Mehr als nur Schlagworte

05.09.2023 | Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg

Quelle: Zukunft Personal

In einer Welt, die sich ständig verändert und vielfältiger wird, ist die Diskussion über Diversität und Inklusion längst überfällig. Unternehmen erkennen zunehmend die Bedeutung einer vielfältigen Belegschaft und eines inklusiven Arbeitsumfelds. Doch inmitten der Bemühungen, Schubladen aufzubrechen und Vorurteile abzubauen, stellt sich die Frage: Geht das Vielfalt-Denken weit genug oder droht es manchmal, oberflächlich zu bleiben?

Die Förderung von Vielfalt und Inklusion ist zweifellos ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es geht darum, Menschen unterschiedlicher Hintergründe, Geschlechter, Ethnien, Religionen und Fähigkeiten willkommen zu heißen und ihre einzigartigen Perspektiven und Fähigkeiten anzuerkennen. Unternehmen, die sich für Diversität einsetzen, profitieren von einem breiten Spektrum an Ideen und Lösungsansätzen. Inklusion hingegen zielt darauf ab, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich jeder Mitarbeiter akzeptiert und wertgeschätzt fühlt.

Doch wie tief geht das Vielfalt-Denken wirklich? Oftmals sehen wir, wie Unternehmen oberflächliche Maßnahmen ergreifen, um das Image der Vielfalt zu wahren, ohne die eigentliche Substanz zu berühren. Das Aufhängen von bunten Plakaten oder das Feiern von internationalen Tagen mag gut gemeint sein, doch echte Veränderung erfordert mehr als nur symbolische Gesten. Wahre Vielfalt und Inklusion erfordern einen kulturellen Wandel, der tief in den Kern der Organisation eindringt.

Eine authentische Auseinandersetzung mit Vielfalt bedeutet, Vorurteile und Stereotypen bewusst anzusprechen und zu bekämpfen. Es geht darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der konstruktive Gespräche über kulturelle Unterschiede möglich sind, ohne Angst vor Stigmatisierung oder Missverständnissen. Hierbei spielen Schulungen und Sensibilisierungsprogramme eine wichtige Rolle, um das Bewusstsein für unbewusste Vorurteile zu schärfen und Verhaltensweisen zu ändern.

Inklusion erfordert ebenfalls mehr als nur das Bereitstellen von barrierefreien Arbeitsplätzen. Es geht darum, aktiv sicherzustellen, dass jeder Mitarbeiter die Möglichkeit hat, seine Fähigkeiten und Talente zu entfalten. Flexibilität bei Arbeitszeiten, die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und die Förderung eines respektvollen Umgangs miteinander sind Schlüsselaspekte eines inklusiven Arbeitsumfelds.

Die Frage, wie weit das Vielfalt-Denken gehen sollte, hat keine klare Antwort. Es ist ein ständiger Prozess, der Offenheit erfordert, um sich den Herausforderungen anzupassen. Unternehmen müssen bereit sein, unbequeme Fragen zu stellen und bestehende Strukturen zu hinterfragen. Nur so können sie sicherstellen, dass Vielfalt und Inklusion nicht nur Schlagworte bleiben, sondern tatsächlich in der DNA ihrer Organisation verankert sind.

Schließlich geht es bei Vielfalt und Inklusion nicht nur darum, gesetzlichen Anforderungen zu genügen oder Imageziele zu erreichen. Es geht um den Aufbau einer besseren, stärkeren und innovativeren Arbeitswelt, in der jeder Einzelne sein volles Potenzial ausschöpfen kann. Es mag ein langer Weg sein, aber es ist ein Weg, den es zu gehen lohnt. Denn echte Vielfalt und wahre Inklusion sind keine Schubladen, in die man einfach etwas hineinlegt – sie sind ein stetiger Prozess, der Engagement und Hingabe erfordert.

Konkrete Tipps zur Förderung von Diversität und Inklusion am Arbeitsplatz: 

1.    Diversitätsziele setzen: Definieren Sie klare Ziele und Kennzahlen für die Diversität innerhalb des Unternehmens. Dies kann die Erhöhung des Anteils von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestimmter Geschlechter, Ethnien oder Fähigkeiten umfassen.

2.    Bewusstseinsbildung: Bieten Sie regelmäßige Schulungen und Workshops an, um auf unbewusste Vorurteile aufmerksam zu machen und das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zu schärfen.

3.    Vielfältige Rekrutierung: Überdenken Sie Ihre Rekrutierungsstrategien, um sicherzustellen, dass Stellenanzeigen neutral formuliert sind und ein breites Spektrum von Bewerberinnen und Bewerbern ansprechen. Nutzen Sie diverse Rekrutierungskanäle.

4.    Vielfältige Panels: Stellen Sie sicher, dass Panels bei Einstellungsgesprächen und Beförderungen vielfältig besetzt sind, um eine ausgewogene Beurteilung der Kandidaten zu gewährleisten.

5.    Mentoring und Coaching: Etablieren Sie Programme, die diverse Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern, indem sie ihnen Mentorinnen und Mentoren zur Seite stellen, die sie in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützen.

6.    Barrierefreiheit: Stellen Sie sicher, dass der Arbeitsplatz für alle zugänglich ist, einschließlich barrierefreier Einrichtungen und Technologien für Menschen mit Behinderungen.

7.    Flexibilität: Bieten Sie flexible Arbeitszeiten und -orte an, um den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht zu werden, sei es aufgrund von Familienverpflichtungen oder anderen Lebensumständen.

8.    Offene Kommunikation: Schaffen Sie eine Kultur offener Kommunikation, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich sicher fühlen, Bedenken hinsichtlich Diskriminierung oder Vorurteilen anzusprechen.

9.    Ressourcen- und Netzwerkgruppen: Unterstützen Sie die Bildung von Mitarbeitergruppen, die sich mit verschiedenen Aspekten von Diversität befassen, wie zum Beispiel LGBTQ+-Gruppen oder Gruppen für ethnische Minderheiten.

10.    Karriereentwicklung: Stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleiche Chancen für Weiterbildung, Schulungen und berufliche Weiterentwicklung haben, unabhängig von ihrem Hintergrund.

11.    Anerkennung der Vielfalt: Feiern Sie verschiedene Kulturen und Traditionen im Unternehmen, sei es durch kulturelle Veranstaltungen, Feiertage oder interkulturelle Austauschprogramme.

12.    Führungsvorbilder: Ermutigen Sie Führungskräfte, sich aktiv für Diversität und Inklusion einzusetzen und als Vorbilder für eine inklusive Kultur zu dienen.

Die Förderung von Diversität und Inklusion ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess, der kontinuierliche Anpassung und Engagement erfordert. Indem Unternehmen diese Tipps umsetzen, können sie nicht nur eine vielfältige Belegschaft aufbauen, sondern auch eine Arbeitsumgebung schaffen, in der jeder Mitarbeiter sein volles Potenzial entfalten kann.
 

Über Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg

Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg

Prof. Dr. Anabel Ternés hat langjährige internationale Führungserfahrung im Business Development von Konsumgüter-Unternehmen, darunter für Samsonite und Fielmann. Anabel Ternès engagiert sich in mehreren Gremien und Boards, darunter als Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung flexible Arbeitswelt, bei der Britischen Handelskammer als Verwaltungsrätin und Leiterin der ExpertInnengruppe Life Science, Health & Well-Being und als Präsidentin des Club of Budapest Germany. Anabel Ternès wurde für ihr unternehmerisches und ehrenamtliches Engagement mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Award CEO eLearning of the Year, als Botschafterin von Frauen Unternehmen, der Unternehmerinnen-Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums, mit dem Google Impact Challenge für ihr Online Lernspiel Code & Safe the Planet und als Influencerin mit dem LinkedIn Top Voice Nachhaltigkeit. Anabel hat einen internationalen und unternehmerischen familiären Hintergrund und ist Mutter. Sie hat neben BWL auch Psychologie, Germanistik und Trendmanagement studiert.